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Vorrang für den Wind

Von Dorothee Kraus-Prause, Sprecherin für Planung

Ein rascher Umstieg auf Erneuerbaren Energien ist das Gebot der Stunde und dabei hat der Ausbau der Windkraft das größte Potential. Der Verband Region Stuttgart hat sich zügig an die Arbeit gemacht und einen Vorschlag für geeignete Flächen unterbreitet, denn das Land hat 2023 den Regionalverbänden in Baden-Württemberg den Auftrag erteilt Vorranggebiete für Windkraftanlagen auszuweisen. Zusammenkommen müssen mindestens 1,8% der Regionsfläche (etwa 66 Quadratkilometer) und bis spätestens September 2025 gilt es die Beschlüsse zu fassen. Bereits im Oktober hat die Regionalversammlung - als erste Region- die Offenlage beschlossen und damit die Beteiligungsrunde für Kommunen, Träger öffentlicher Belange (TÖBs) und Einzelpersonen eröffnet. Stellungnahmen konnten bis zum 2. Februar abgegeben werden. Alle vorgeschlagenen Gebiete sind im Netz abrufbar.

Auswahl der Gebiete folgt festgelegten Kriterien

Für die Flächenvorhalten wurden solche Gebiete ausgewählt, die im Blick auf die Genehmigungsfähigkeit auf der sicheren Seite sind und keine absehbaren rechtlichen Konflikte beinhalten. Sie folgen deshalb festgelegten Kriterien, sowohl gesetzlichen als auch planerischen. Grundlage sind der Windatlas von 2019 und die Umweltdaten der LUBW (Landesanstalt für Umwelt BaWü). Bei allen Vorranggebieten wird eine Windhöffigkeit von 215 Watt/m2 erwartet, auch müssen sie mindestens 800m von Wohngebieten entfernt sein. Hier wollten wir ursprünglich 700m, aber als dann 1000m im Raum standen, haben wir dem Kompromiss von 800m zugestimmt. Nach unseren Erfahrungen versuchen Projektierer selbst möglichst große Abstände zu Siedlungen zu schaffen, um im Vorfeld weniger Konflikte zu haben. Im Blick auf Arten- und Naturschutz wurden alle FFH-Gebiete ausgeklammert, genauso wie Natura 2000 Gebiete, Vogelschutzgebiete und Schwerpunktvorkommen windkraftsensibler Arten der Kat. A. Ergänzend gibt es Kriterien, die den Denkmalschutz, Naturdenkmale oder die Bedeutung von Landmarken beachten.

Erreicht der Verband das Flächenziel nicht, verliert er seine Planungshoheit
Bei den sieben Informationsveranstaltungen des Verbands in den einzelnen Landkreisen haben wir erlebt, wie konfliktbeladen das Thema ist. Unüberhörbar waren vor Ort die organisierten Windkraftgegner, daneben Personen, die vor allem gesundheitliche Auswirkungen befürchten. Auf der anderen Seite stehen Menschen, die gern viel mehr Gebiete in den Vorschlag aufnehmen möchten und zum Risiko ermuntern. Das Risiko hat allerdings einen Haken: Gesetzt den Fall aufgrund rechtlicher Hürden kommen die 1,8% der Fläche nicht zusammen, verliert der Regionalverband seine Planungshoheit und es entsteht die sog. „Superprivilegierung“. Windanlagen können dann überall im Außenbereich entstehen, wo es keine Verbotstatbestände gibt, das sind ca.30% der Regionsfläche. Einen solchen „Wildwuchs“ wollen auch wir nicht.

Aufgabe der Planungsverwaltung ist es nun alle Stellungnahmen zu sichten und zu bewerten. Schriftliche Antworten sind zugesagt. Ende März wird sich der Planungsausschuss darüber beugen und voraussichtlich im April die Regionalversammlung in einer Gesamtbetrachtung. Mit der Ausweisung der Vorranggebiete ist allerdings nicht gesagt, dass dort auch Anlagen entstehen. Dazu braucht es zum einen Investoren und zum anderen die abschließende Genehmigung für konkrete Standorte. Uns waren von Anfang an in der Region möglichst konfliktfreie Gebiete wichtig, denn so wird die Realisierung von Standorten erleichtert und dem Wind hoffentlich der dringend notwendige Vorrang eingeräumt.